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Kriegsflugzeuge aus Schreufa Die Produktion von Fw-190 Jagdflugzeugen in Frankenberg-Schreufa Von: Hans-Joachim Adler und Dietmar Mühlhans
Die historischen Gegebenheiten Im Jahre 1925 gründete Otto Stölcker an der Bahnstrecke bei Schreufa ein Werk zur Herstellung von Stuhlmöbeln. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, bedingt durch die Weltwirtschaftskrise, entwickelte sich der Betrieb und produzierte auch noch während des Zweiten Weltkriegs bis zum Februar 1944. In Kassel waren aber zu jener Zeit die zahlreichen Rüstungsbetriebe, darunter auch die Produktionsanlagen der Firma Fieseler, ständig durch Luftangriffe bedroht. Deshalb wurden sie teilweise in die umliegenden ländlichen Gebiete ausgelagert. Allein in den Kasseler Fieseler-Werken mußten damals 6000 ausländische Zwangsarbeiter deutsche Rüstungsgüter herstellen. Gerhard Fieseler, der als Vater des Fieseler Storches berühmt geworden ist, war selbst Kunstflieger und wurde nach Erringung der Weltmeisterschaft 1934 als Nationalheld gefeiert. Aufträge aus dem Luftfahrtministerium folgten prompt. 1930 hatte er in Kassel den Segelflugzeugbau von Raab-Katzenstein übernommen und mit 30 Mitarbeitern seine Firma gegründet. Das NSDAP-Mitglied Fieseler setzte seine Hoffnungen in die "militärische Wiedererstarkung" Deutschlands, und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 profitierte er von den Entwicklungs- und Fertigungsaufträgen für die Deutsche Luftwaffe. Der ganz große Aufschwung gelang Fieseler mit der Konstruktion des Fieseler Storches. 3000 Exemplare wurden von 1935 bis 1945 gebaut. Außerdem war Fieseler maßgeblich am Bau der Flugbombe V1 (Vergeltungswaffe 1), Werksbezeichnung Fieseler Fi-103, beteiligt. Nachdem die englische Luftaufklärung erstmals diese Flugbombe entdeckt hatte und auch über die genaue Bezeichnung durch Agenten informiert war, wurde Kassel ganz oben auf die Prioritätenliste der zu bombardierenden Städte gesetzt. Den Höhepunkt erreichte das Bombardement durch die Royal Air Force am 22.Oktober 1943. Die Zahl der Todesopfer konnte nie genau ermittelt werden. Die Fieseler Werke, das eigentliche Ziel, wurden jedoch nur gering beschädigt. Ab November 1943 kamen dann die Amerikaner mit ihren fliegenden Festungen (B24, B17) auch am Tage. Diese Angriffe zeigten eine deutlich höhere Trefferquote und eine erhebliche Gefährdung der Rüstungsindustrie. Daraufhin wurde von Reichsrüstungsminister Albert Speer die Dezentralisierung der Jägerproduktion in die ländlichen Gebiete angeordnet. Die betraf auch die Firma Fieseler, die mittlerweile Flugzeuge vom Typ Focke-Wulf 190 - A8 in Lizenz produzierte. Hier kam nun die Firma Stölcker ins Spiel. Ein Teil der Produktionskapazität wurde in die Hallen von Stölcker nach Schreufa verlegt. Insgesamt wurde in sechzig Standorten für Fieseler Kassel gearbeitet. Die Umstrukturierung des Stölcker-Werks in einen Rüstungsbetrieb In der Nacht zum 19.Februar 1944 setzte sich in Kassel eine LKW-Kolonne in Bewegung, die alles zur Flugzeugmontage Nötige geladen hatte. Alle waren zusammengezogen worden: Techniker, Arbeiter, Gefangene und deportierte Zwangsarbeiter. Im Vorfeld waren bei der Firma Stölcker die Hallen leergeräumt und die zur Holzbearbeitung nötigen Maschinen zur Bärenmühle ins Lengeltal (bei Frankenau) gebracht worden. Dort überstanden sie den Krieg unbeschadet in einer Scheune. In den Hallen der Firma Stölker hingegen wurden Preßluftleitungen verlegt, Preßluft-Niethämmer aufgestellt und angeschlossen. Dann begann die Produktion nur 24 Stunden nach Eintreffen der ersten Maschinen. Die noch vorhandenen Arbeiter, die nicht an der Front waren, integrierte man in den Arbeitsprozeß. Jeden Tag mußten nach dem Soll 22 Flugzeuge vom Typ Fw-190A-8 montiert werden. Gearbeitet wurde pro Schicht 12 Stunden am Tag und 72 Stunden in der Woche. Für die Arbeiter wurden im Eilverfahren Notunterkünfte errichtet. Etwa 1500 Zwangsarbeiter aus den von den Deutschen besetzten Ländern mußten in Schreufa arbeiten. Die Produktion lief auf drei Etagen, wobei Absaugungen und Lärmschutz Fremdworte waren. Wie ein Zeitzeuge berichtete, lag der gesundheitsschädliche Aluminiumstaub zum Teil zentimeterdick. Bei Stölcker arbeiteten damals einige Lehrlinge im Alter von 14 bis 16 Jahren. Man hatte sie drei Wochen lang in den Fieseler-Werken in Kassel geschult, und nun mußten diese Lehrlinge Zwangsarbeiter bei der Montage beaufsichtigen. Private Gespräche waren streng verboten, Fehler von Zwangsarbeitern wurden schwer geahndet. Wie Zeitzeugen erzählten, war die Verpflegung für Zwangsdeportierte sehr schlecht. Es herrschte eine ständige Angst vor übergriffen auf deutsche Arbeiter. Gegen Kriegsende nahmen die Luftangriffe und damit die Gefahr für den Rüstungsbetrieb in Schreufa immer mehr zu. Am 11.September 1944 mußten zwei deutsche Jagdflugzeuge in der Nähe des Stölcker-Werkes notlanden. An jenem Tag flogen die Amerikaner ihren letzten Bombenangriff im Unternehmen "Frantic". Hierbei kehrten die "fliegenden Festungen" nicht nach England zurück, sondern flogen weiter nach Rußland, um dort zu landen. Wegen Unstimmigkeiten zwischen Amerikanern und Russen wurde dieser Pendelverkehr dann aber wieder eingestellt. Die erste Maschine versuchte eine Notlandung mit ausgefahrenem Fahrwerk und überschlug sich dabei, die zweite Maschine machte eine Bauchlandung. Beiden Piloten soll nichts passiert sein. Im März 1945 griffen vier amerikanische Jagdbomber die Produktionsstätte in Schreufa an. Acht Bomben wurden abgeworfen, wovon noch eine mehrere Jahre als Blindgänger aus dem Boden geragt haben soll.
Kriegsende und Wiederaufnahme der Stuhlmöbelproduktion Am 29.März kam das Ende der Fieseler-Produktionsstätte in Schreufa. Während aus den Hallen noch Niethämmer dröhnten, fuhr die 3.US-Panzerdivision mit ihrer Panzerspitze auf der Ederstraße in Richtung Korbach. Focke Wulf Fw-190 im Modell
Bilder zu Modellen der Fw-190 folgen noch.
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